Konjunkturprogramm: Mehrwertsteuersenkung aus IT-Sicht

Die Bundesregierung hat beschlossen, ihre Bürger mit einem neuen Konjunkturprogramm aus der Krise zu retten. Die wichtigste Neuerung ist die Senkung der Mehrwertsteuer. Diese kleine Verbesserung wird der IT-Branche über 6 Monate hin Millionen kosten.

Zunächst ein wenig zur Geschichte der Mehrwertsteuer. Das letzte Mal wurde sie im fernen Jahr 2007 von 16% auf 19% angehoben. Dieser Anstieg wurde dann durch Probleme auf dem Arbeitsmarkt gerechtfertigt. Der Arbeitsmarkt war in den letzten Jahren in ausgezeichnetem Zustand, aber niemand wollte diese Steuer senken, bis das Coronavirus ins Spiel kam. Und was wäre der Sinn des Staates, wenn er auf zusätzliche Einnahmen für den Haushalt zu verzichten würde? Innerhalb der ersten 10 Jahren brachte diese Erhöhung dem Staat zusätzliche 275 Milliarden Euro ein. Man rechnete mit 1.639 Millirden Euro Einnahmen durch Steuern in 10 Jahren, stattdessen wurden 1.914 Milliarden Euro eingenommen. Ja, für die Bürger war es sehr teuer.

Was bedeutet das für die IT-Branche? In den nächsten drei Wochen müssen alle deutschen IT-Systeme prüfen, wie sie den Mehrwertsteuersatz für die nächsten 6 Monate auf 16% senken können. Sie müssen verstehen, dass diese Änderung wirklich ALLE Programme betrifft, die sich mit Finanzen, Buchhaltung oder Zahlungen befassen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Top-Lösungen von SAP, Salesforce, Elster oder DATEV diese Änderung bereits vorgenommen haben. Allerdings geht es in vielen Firmen um die selbstgeschriebenen Buchhaltungssysteme oder Anwendungen, die den Alltag erleichtern sollten. Irgendwo wird es nur notwendig sein, eine Variable für 6 Monate zu ändern und nicht zu vergessen, sie im Jahr 2021 zurück zu ändern. Und irgendwo muss man das Berechnungssystem ändern, neue Module programmieren, testen und nochmal testen. Infolgedessen kostet eine kleine Änderung den deutschen Unternehmen Millionen von Arbeitsstunden. Ich sehe schon zahlreiche Artikel und Fb-Posts kommen, da jemand eine Rechnung mit einer noch alten Mehrwertsteuer erhalten hat :)

Und wie viel "Analyse" und Controlling durch zahlreiche Excel-Tabellen geht, die jetzt überprüft werden müssen, ob noch irgendwo der heilige Parameter 1,19 auftaucht :) Als erfahrener IT-Spezialist verstehe ich ungefähr, welche Konsequenzen eine auch noch so kleine Änderung des Systems haben wird. Höchstwahrscheinlich wird deutschlandweit nichts zu Bruch gehen, aber wir werden viel Zeit damit verbringen, dies zu überprüfen.

Als angewandter Mathematiker möchte ich daran erinnern, dass Preise meistens gerundet werden. Zahlreiche 1-Euro-Shops werden sicherlich nicht zu 0,9747-Euro-Shops umbenannt. In vielen Läden werden die Preise zu Marketingzwecken unter eine bestimmte psychologische Marke gesenkt – 9,99 bei einem Mehrwertsteuersatz von 19% sollten zu 9,7381512605 bei einem Satz von 16% werden. Oder nicht? Neue Preise sollte dann 1,94 oder 2,92 u.ä. werden. Hat jemand darüber nachgedacht, wie viel die Umstellung auf neue Preise kosten würde?

Lassen Sie uns außerdem über die Planung sprechen. Viele Unternehmen werden in den nächsten drei Wochen, genau vor der Einführung der neuen Mehrwertsteuer, einen Umsatzeinbruch erleben. Man könnte doch ein wenig warten, bis die neuen "gesenkten" Preise ab Juli kommen. Obwohl... Ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob die Leute große Einkäufe tätigen werden, bis sie wirklich anfangen, mehr Netto vom Brutto zu erhalten.

Und hier liegt das ganze Problem. Anstelle realer Steuersenkungen und der Optimierung der Staatsausgaben sahen wir eine weitere Halblösung. Wer hätte denn gewusst, dass wir eine Bundesanstalt für Post und Telekommunikation mit 1.400 Mitarbeitern haben? Jetzt wissen wir das, weil Andrea Nahles diese Behörde für 200.000 Euro pro Jahr leiten wird. Allein die Stadt Berlin könnte die zahlreichen Berliner Staatssekretäre reduzieren ([1], [2]).

Das Thema hohe Steuern ist vielleicht das sozial bedeutendste Thema in unserem Land. Es ist seltsam für mich, die Aussagen von Politikern zu hören, die sagen, dass die besten Zeiten hinter uns liegen und wir jetzt unsere Gürtel enger schnallen müssen. Dank der hohen Steuern spürte man unseren Wohlstand kaum.

Wie wäre es, wenn wir den maximalen Steuersatz auf 32% reduzieren würden. Und gleichzeitig keine neuen Steuer erfinden wie SoliZ oder die Transaktionssteuer, sondern den Bürgern mehr Netto vom Brutto lassen. Und sparen muss der Staat in erster Linie selbst!

Das könnte für Sie auch interessant sein...
  • Generic placeholder image
    Coronavirus Fußball - Online-Tipps
    Meisterschaften führender Fußballländer wurden europaweit bis auf Weiteres eingestellt. Wenn Sie jedoch ohne Live-Fußballübertragungen nicht leben können, gibt es eine Lösung für Sie.
  • Generic placeholder image
    IT-Outsourcing in Krisenzeiten
    Nach und nach erreicht die Corona-Krise immer mehr Branchen. Nicht jedes Unternehmen wird diese Zeit überleben, das ist klar, doch umso interessanter wird es sein ihren Kampf um das Überleben zu beobachten.
  • Generic placeholder image
    KI-Frage auf dem #DigitalGipfel18: Künstliche Debatte rund um Intelligenz
    In diesem Jahr prägte der Begriff "Künstliche Intelligenz" den #DigitalGipfel in Nürnberg. Viele Politiker und Prominente waren eingeladen. Es wurde viel über ethische Fragen diskutiert. Warum eigentlich?
Kommentare