Digitalsteuer in Europa - warum es keine gute Lösung geben kann

Die Einführung der Digitalsteuer in Europa ist gescheitert. Die Wünsche nach einer Sondersteuer für Digitalunternehmen wie Google oder Facebook sind geblieben. Die EU-Staaten wollen sich ihren Anteil am IT-Kuchen sichern, der aktuell zum größten Teil an die Amerikaner geht.

Bei der Argumentation für die Steuer geht man davon aus, dass die IT-Unternehmen zu wenig Steuer zahlen, im Vergleich zu den klassischen Unternehmen. Immer wieder werden die amerikanischen IT-Riesen erwähnt, die die Steuer allgemein sehr geschickt umgehen. Schließlich geht es um die Frage der Gerechtigkeit. Oder?

Politik

Viele amerikanische Unternehmer wickeln ihre Geschäfte in Europa über Steueroasen wie Irland ab. Dort nutzt man seit Jahren die niedrigen Steuern, damit die Wirtschaft vor Ort halbwegs funktionieren kann. Eigentlich sollte man Irland zu Offshore-Steueroasen zählen und genauso verurteilen wie die Bermuda-Inseln oder Luxemburg. Obwohl, wer verurteilt schon Luxemburg? Das liegt wohl daran, dass Jean-Claude Juncker – ehemaliger Premierminister Luxemburgs – der Präsident der EU Kommission ist.

Eigentlich wäre es logischer diese Steuerparadiese innerhalb der EU zu beseitigen. Aber komischerweise duldet man Irland & Co. in der EU. Ohne die Tricks der Steuererleichterung wäre das eine oder andere EU-Land eventuell nicht mehr so attraktiv. Schließlich, wenn es in Irland keine Arbeit gibt und wirtschaftlich schlecht läuft, warum sollten die Iren besser leben als die Rumänen? Oder irre ich mich? Hm... Aber zugegeben, es geht sehr oft um reine Politik und die hat mit der Wirtschaft nicht immer etwas zu tun.

Wirtschaft

Man stritt sehr lange über die geplante Steuer. Die geplante Drei-Prozent-Abgabe wurde als EU-Kompromiss gefeiert. Doch einen Kompromiss zu finden, wenn 28 Länder einstimmig abstimmen sollten, ist es so gut wie unmöglich. Deutschland und Frankreich können sich einig werden, aber am Ende müssen Ungarn oder Lettland damit auch einverstanden sein. Alle Zugeständnisse muss man wortwörtlich erkaufen, in dem man bei der Planung des EU-Budgets und der Postenverteilungen die Interessen aller Länder ernst nimmt. Einerseits könnten neue Steuern Milliarden bringen, andererseits muss man dafür eventuell an anderen Stellen die gleiche Summe für weitere Infrastrukturprojekte in Osteuropa oder Spanien ausgeben.

Man besteuert die Werbeeinnahmen, die zum größten Teil in den reichen EU-Ländern generiert werden. Je größer und digitaler die Wirtschaft, umso mehr sollte sie einbringen. Leider verdienten dabei fast ausschließlich amerikanische US-Konzerne. Der ganze Werbungsmarkt ist schon seit langem zwischen ein paar großen Anbietern aus den USA geteilt. Google, Facebook und Twitter schufen Plattformen, die über Werbung verdienen. Je mehr Benutzer und Popularität, umso mehr Werbeeinnahmen.

Google und Co.

Die Werbung bringt Google viel Geld, weil Google ein Monopol auf dem Markt der Suchmaschinen darstellt. Es gibt kleinere oder lokale Systeme, aber die spielen so gut wie gar keine Rolle. Möchte man die Besucher auf eigene Webseite bekommen, hofft man auf bessere Platzierung bei Google. Taucht man in Google direkt nicht auf, muss man eventuell die Werbungskampagne bei Google AdWords starten. Wenn man es selber nicht kann, beauftragt man zahlreiche Online-Marketing-Agenturen, die es professionell erledigen.

Braucht man mehr Benutzer über soziale Netzwerke, optimiert man Content, schaltet Promotions bzw. Werbung bei Facebook. Oder man macht eigene Tweets bei Twitter gegen Geld populär. So oder so, Geld fließt im Endeffekt fast immer in die USA.

Man kann es mögen oder nicht, aber die Amis haben diese IT-Welt geschaffen, die Werbung im Internet erfunden, das Internet kommerzialisiert, die Entwicklung der Technologien vorangetrieben. Geht es um Datenbanken, Programmiersprachen oder Tools – die Amis sind immer da. Alle europäischen Projekte benutzen Technologien der US-Firmen.

Einnahmen aus der IT-Branche bereichern die USA, so wie die Einnahmen aus dem Ölverkauf ermöglichen die Luxusleben für zahlreiche Prinzen aus Saudi Arabien. Deutschland verdient dank der Autoindustrie und zahlreicher Maschinenbaufirmen oder der Chemieindustrie. Ja, wir können auch IT, aber alle Trends kommen eher aus den USA.

Wie geht es nun weiter?

Was passiert, wenn wir die Werbung bei Google oder Facebook mit 3% Abgaben besteuern? Für die Werbung wird eine Zielgruppe definiert. Ich möchte in Deutschland was verkaufen, dann schalte ich die Werbung gerade für deutsche Kunden. Man definiert die Zielgruppe für den Standort Deutschland. Aktuell bekommt man bei Twitter je nach Tweet und Account für 45 Euro eine geschätzte Reichweite von 26,4 Tsd. Impressions und 81 Interaktionen. Alle Angaben, wie man das üblicherweise sagt, ohne Gewähr. Bekommt Twitter eine 3% Steuer drauf, kann man ruhig davon ausgehen, dass die Werbung für deutsche Kunden entsprechend teurer wird. Entweder bekommt man für die gleichen 45 Euro weniger Impression oder weniger Interaktionen.

Leider wird das Thema von der Politik nie thematisiert, denn keiner von den EU-Kommissaren schaltet selbst Werbung bei Google AdWords, Facebook oder Twitter. Ohne eine Ahnung zu haben, kann man sich alles möglich ausdenken, denn die Folgen kennt man ja nicht und hat diese auch nicht zu tragen.

Tragen die Marketingagenturen die Werbungskosten selber? Oder die Hersteller? Nein, am Ende zahlt immer der Endkunde. Also, jeder von uns. Rechnerisch gesehen, kann Google sogar 30% Steuer zahlen. Es wäre kein Problem, denn die Werbung für den deutschen Markt wird einfach teurer. An Stelle von Google und Co. würde ich schon jetzt ein paar Variablen in der Werbungsmaschine drehen und die Rücklagen bilden. Wer weiß, auf welche Idee und Steuersatz die Europäer kommen werden. Zur Sicherheit bilden wir Rücklagen.

Was kann man dagegen tun? Mit den Autos ist es leichter. Erhöhen wir die Steuer für amerikanische Autos in der EU, erhöhen die Amis die Steuer für unsere Autos. Da es alle verstehen, bleibt man lieber vernünftig und macht keine Alleingänge.

In der IT-Welt ist es viel schwieriger, denn die Amerikaner haben ihr Facebook und wir Europäer – nicht. Eigentlich sollte die EU dafür sorgen, dass man in Europa Produkte wie Facebook oder Google entwickeln kann. Aber damit man die Zusammenhänge versteht und die IT-Branche unterstützt, muss man sich für das Thema wirklich interessieren und auskennen. Vielleicht schaffen das die jungen EU-Politiker, denn die Alten kennen nur alte Methoden, diese dafür aber auswendig: Steuer steuern und Richtlinien einrichten.

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